Reittherapie - Das Pferd als Co-Therapeut

Nun wird das Pferd als Therapiemedium vorgestellt.

Im Umgang mit dem Pferd können Menschen all ihre Sinne ertesten. Beispielsweise beim Riechen an der Mähne und dem Tasten im Fell werden verschiedenen Sinne angesprochen. Eine Besonderheit in Bezug auf das Pferd als Therapiemedium liegt in der Fähigkeit, Menschen auf seinem Rücken zu tragen. Dadurch, dass neben den anderen Sinnen hier auch der Gleichgewichtssinn angesprochen wird, wird eine ganzheitliche Sinneserfahrung möglich. Das regelmäßige, sanfte Wiegen der Gangart Schritt weckt Erinnerungen an das frühere Leben im Mutterleib. (Vernooij und Schneider 2010, S. 197) So wird bei vielen Menschen automatische
Entspannung möglich.

Reittherapie - Heilpädagogisches Reiten und Voltigieren

Bei uns findet das Heilpädagogische Reiten und Voltigieren als Form der Reittherapie statt. Als andere Formen gibt es noch die Hippotherapie, die Pferdegestützte Psychotherapie und den Behindertenreitsport (vgl. Vernooij und Schneider 2010, S. 199).

Im Vordergrund steht hier vor allem die Beziehung zwischen Pferd und Klient*in, was einen elementaren Unterschied zu anderen Therapieformen darstellt.

Daher geht es nicht um den sportlichen Reitunterricht, sondern um die therapeutisch begleitete Begegnung zwischen Mensch und Tier. Denn der Umgang mit dem Pferd hat meist eine heilsame Wirkung. Daher finden nicht nur Einheiten auf dem Pferd, sondern auch Einheiten vom Boden statt. Zu Fuß kann dem Pferd auf Augenhöhe begegnet und das Feedback des Pferdes deutlich wahrgenommen werden. Die klare Kommunikation der Tiere können die Teilnehmer*innen gut nutzen. Hier kann die Therapeutin helfen, die Zeichen der Pferde zu übersetzen, sodass die Teilnehmer*innen ihre Tiere immer besser verstehen und mit ihnen kommunizieren können. Der Partner Pferd kann Menschen helfen, ihre Ressourcen aufzudecken, das Selbstbewusstsein zu stärken und über sich hinaus zu wachsen.

Innerhalb der reittherapeutischen Einheiten lernen schon die kleinsten Kinder, Verantwortung für andere Lebewesen zu übernehmen und sich um sie zu sorgen. Denn neben dem gemeinsamen Reiten oder der Arbeit vom Boden aus, steht auch die Versorgung der Tiere an. So entsteht ein ganzheitlicher Prozess, bei dem die Kinder und Jugendlichen das Leben der Pferde genau kennenlernen können und den Tagesablauf der Pferde miterleben.

Zur Zielgruppe der heilpädagogischen Förderung zählen vor allem Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene mit Förderbedarf. Hierzu zählen psychische Krankheiten, Behinderungen, Entwicklungsverzögerungen oder einfach eine Auszeit vom Alltag zu brauchen und im Kontakt mit Pferd und Natur zur Ruhe kommen zu können.

Der Kontakt zu Pferden kann dabei helfen, Schwierigkeiten im Lebensalltag auszugleichen. Durch ihre Beständigkeit geben sie Menschen Sicherheit und ermöglichen durch eine lange Zusammenarbeit auch positive Bindungserfahrungen.

Eine der, meiner Meinung nach, größten Stärken im Umgang mit Pferden ist ihre Unvoreingenommenheit. Denn ihnen ist egal, wie und warum jemand auf den Hof kommt. Ob es gut in der Schule oder im Job läuft oder ob es Streit Zuhause gab. Ein Pferd nimmt die Menschen einfach genauso wie sie sind und wertet nicht nach menschlichen Kategorien. Das ist ein unglaublich tolles Geschenk. Für sie ist jede*r willkommen, wenn er*sie nur freundlich mit ihnen kommt.

Im Gegensatz zu Menschen, nehmen Pferde bei einer Begegnung zuerst die Stimmung ihres Gegenübers wahr. Dafür haben sie ein ganz feines Gespür und merken direkt, wie die Menschen heute gelaunt sind. Darauf reagieren sie dann. So liefern sie direkt ein klares, unverfälschtes Feedback. Das wiederum regt die Menschen zur Reflexion an. Sie merken, wie sich die eigene Stimmung auf andere Lebewesen auswirkt und können das dann wieder auf den Umgang mit den Mitmenschen übertragen. Das macht sie zu einem optimalen Co-Therapeuten. Auch in Bezug auf das Sozialverhalten können wir Menschen viel von diesen Tieren lernen. Denn auch sie sind Soziale Wesen, sie leben in Herden. Sie geben auf die Gruppenmitglieder Acht und halten zusammen. Das kann zum Beispiel bei der gegenseitigen Fellpflege beobachtet werden.